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Kunsthalle Linz, August, 2013

http://kunsthalle.ifek.at

 

Installation

 

Mit Lockrufen wie "unglaubliches Raumangebot" und "freundliche Kuratorinnen" machten die Betreiber einer "Kunsthalle Linz" in den letzten Tagen auf sich aufmerksam. Das temporäre Ausstellungsprojekt am Gelände der Tabakfabrik entpuppt sich als kluge Intervention.

 

 

Einige waren sich doch nicht ganz sicher. Und fragten nach dem Weg zur neuen Kunsthalle Linz. Die Überraschung war jeweils groß, nicht nur angesichts der Kleinheit dieser Kunsthalle. Ein Kubus - etwa 40 cm im Quadrat - der als Teil der Behausung eines Außentemperaturfühlers für die Heizungsanlage ein bislang wenig beachtetes Dasein im Hof der Tabakfabrik fristete. Geschickt ausgeleuchtet täuschte ein Foto offenbar doch Einige, spielte der Betreiber (IFEK - Institut für erweiterte Kunst) mit der großen Sehnsucht nach eben einer "Kunsthalle Linz". Birgit Scholin ist eine der sechs Kunstschaffenden, die sich auf das "unglaubliche Raumangebot" einlassen. Die Wiener Animationsfilmerin ruft mit ihrer an ein Filmstill erinnernden Installation eine private Erinnerung an einen geheimen Raum im Haus ihrer Eltern ab; darüber hinaus schafft Scholin einen Raum voller allgemein zugänglicher Assoziationen: der schlafenden Plastilinfigur stellt sie lebende Wüstenheuschrecken zur Seite, von denen sich eine noch während der Vernissage und vor Aller Augen häutet. Kafkas Verwandlung drängt sich auf, im Hintergrund hängt briefmarkengroß ein Portrait von Wanda von Sacher-Masoch. Es wird interessant sein zu sehen, wie die Kuratorinnen Julia Hartig und Marie-Therese Luger das augenscheinliche Missverhältnis von Kunsthalle und Tabakfabrik in den kommenden Wochen bespielen. Es ist immerhin eine radikale Kleinheit, die die Kleinstadt-Sehnsucht nach Größe und Urbanität, wie sie sich in der Tabakfabrik manifestiert, kommentiert oder gar herausfordert. Luger hat es in ihrer Eröffnungsrede jedenfalls auf den Punkt gebracht: die Kunsthalle Linz zelebriere dieses Missverhältnis, den Unterschied zwischen Höhe und Tiefe, Spaß und Ernsthaftigkeit, Banalität und Bedeutungsschwere. Ein "kleiner Spielplatz für unverhältnismäßig  große Dinge", so Luger. Jedenfalls ein im wahrsten Sinn des Wortes kleiner, aber äußerst feiner Beitrag zu künstlerischen Produktions- und Ausstellungsbedingungen, wenn auch mit Ablaufdatum: im Herbst und Winter führt die Kunsthalle wieder ihr Dasein als rein technisches Gerät.

 

 

Wiltrud Hackl

Standard, 22. August 2013

http://derstandard.at/1376534347856/Zelebriertes-Missverhaeltnis

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